Rückblick GEFTA Jahrestagung 1999


Dampfdruckmethoden für Industrielle Anwendungen
 

A. Geoffroy, M. Szelagiewicz und E. Marti
Novartis Services AG, CH-4002 BASEL

Die Bestimmung des Dampfdruckes für Reinstoffe als auch für Substanzgemische ist für recht unterschiedliche Problemstellungen der Industrie von Bedeutung [1,2]. Für Reinstoffe ist der Dampfdruck resp. Partialdruck ebenso proportional der Flüchtigkeit als auch bei gleichen spezifischen Oberflächen proportional zur Verdampfungsrate. Damit ist der Partialdruck wichtig für Fragen der Toxikologie, der Produktesicherheit in Forschung, Produktion und Lagerung. Das Gleiche gilt für die Abschätzung ökologischer Belastungen und des Stofftransportes (fate) in der Umwelt. Die Breite dieser Thematik ist beliebig vielschichtig, indem Substanzen direkt oder als Verunreinigungen wie Monomere, Lösungsmittel, Zersetzungsprodukte sich aus Materialien und Polymeren verflüchtigen (Auto, Kühlschränke, Computer, industrielle Prozesse). Neben der Menge der Materialien ist die Konzentration der einzelnen Substanzen als auch deren Partialdruck entscheidend für die Umweltbelastung.

Die Partialdrücke von Reinstoffen und der Gesamtdruck von Mehrkomponentensystemen können mit physikalisch-chemischen Rechenverfahren über "group contributions" oder über Datenbanken abgeschätzt werden. Diese Verfahren sind für organische Substanzen mit verwandten Strukturen z.B. Kohlenwasserstoffe sehr geeignet. Bei komplexen organischen Molekülstrukturen sind solche Berechnungen relativ umständlich und oft relativ bescheidene Näherungswerte. Geeignetere Wege für die Abschätzung solcher Daten sind Kombinationen von Messungen und Berechnungen, z.B. Messung des Gesamtdruckes eines Mehrkomponentensystems und anschliessende Berechnung der Partialdrucke der einzelnen Komponenten. Die besten Daten erhält man sicher durch Messung der Partialdrucke der Hauptkomponenten und der Ermittlung der Aktivitätskoeffizienten für die jeweiligen Mischungen. Sollen Systeme auf ihre destillative Trennung geprüft werden, so stehen die Grössenunterschiede der Partialdrucke der Einzelkomponenten umgekehrt proportional zum erforderlichen Messaufwand. Der Bereich der Partialdruckwerte von kristallinen organischen Substanzen bis zu Lösungsmitteln überstreicht mehr als 20 Grössenordnungen. So hat Wasser bei Raumtemperatur einen Partialdruck von 3kPa, eine kristalline agrochemische Substanz mit einem angenommenen molekularen Masse von 400 etwa 10-4 Pa und ein Pigmentfarbstoff mit einem molekularen Masse von 800 etwa 10-20 Pa. Die entsprechenden Flüchtigkeiten betragen für Wasser 24 g/m3, für die agrochemische Substanz 16*10-6 g/m3 und für das Pigment ca. 10-21 g/m3 . Durch diesen Vergleich werden die Anforderungen an die eingesetzten Messverfahren offengelegt. Es kommen ganz unterschiedliche Verfahren zum Einsatz, die nach folgenden Kriterien eingeteilt werden:

    - Gesamtdruck- und Partialdruckmethoden
    - Gleichgewichts-, Quasigleichgewichts- und Nichtgleichgewichtsmethoden
    - isotherme und nichtisotherme Methoden
    - molekular spezifische resp. molekular unspezifische Methoden

In unseren Laboratorien werden entsprechend der gestellten Anforderungen die folgenden Methoden eingesetzt:

    - Gesamtdruck mit Druckzelle und Sensor
    - Thermogravimetrie [3]
    - Pinhole-Methode mit DSC, DTA, TG [3]
    - Überführungsmethode [4-7]

Messverfahren werden erläutert und Beispiele der Anwendung dieser Methoden werden dargelegt und diskutiert.

Dampfdruck- und Ueberführungsmethoden, die seit 1968 in den Firmen Geigy, Ciba-Geigy und Novartis Services AG entwickelt und angewendet wurden, werden nach dem 1. Oktober 1999 in einer neuen, unabhängigen Firma als Dienstleistung angeboten. Diese Firma wird mit ungefähr 180 Mitarbeiter wissenschaftlich-analytische Dienstleistungen in den Gebieten Analytik, Physik, physikalische Chemie und chemische Synthese, insbesondere durch Einsatz der Katalyse, erbringen [8].

[1] E. Marti, J. Thermal Anal., 33 (1988) 37
[2] A. Boehncke, K. Martin, M.G.Müller, and H.K. Cammenga, J. Chem. Eng. Data, 41 (1996) 543
[3] B.F. Rordorf, A. Geoffroy, M. Szelagiewicz, and E. Marti, Thermal Analysis, Proc. of the 6th ICTA 1980, Bayreuth, Germany, Birkhäuser Verlag, Basel, Vol.1, 313
[4] E. Marti, A. Geoffroy, B.F. Rordorf, and M. Szelagiewicz, ibid. 305
[5] K. Bayreuther, G. Bräuer, M. Farker, K. Nass und K.-H. Schmidt, LaborPraxis - April 1994
[6] U. J. Griesser, M. Szelagiewicz, U. Ch. Hofmeier, C. Pitt, S. Cianferani, J. Therm. Anal. Cal., 57 (1999)45
[7] W. Zielenkiewicz, G.L. Perlovich, M. Wszelaka-Rylik, J. Therm. Anal. Cal.,57 (1999) 225
[8] H.-U. Blaser and M. Studer, The Spin-Off of Scientific Services of Novartis into a New, Independent Technology Company Offering Services to the Pharmaceutical, Chemical, and Nutrition Industry, Chimia 1999, 53, No.6, 261

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